© Jaír Coll/action medeor/Fairpicture

Stärkung von Menschen im Fluchtkontext

Kolumbiens Gesellschaft ist von historischen Ungleichheiten geprägt, welche in der Kolonialzeit ihren Ursprung haben und sich bis heute in Besitz- und Machverhältnissen widerspiegeln. Die Folgen – Armut, Chancenlosigkeit und Gewalt – treffen insbesondere Frauen und indigene Bevölkerungsgruppen. Die angespannte Situation wird verschärft durch eine hohe Binnenmigration und die Aufnahme vieler venezolanischer Flüchtlinge in den letzten Jahren, sowie den Auswirkungen einer Reihe von Naturkatastrophen.

Gemeinsam mit den lokalen Partnerorganisationen Taller Abierto und CDP setzt sich action medeor in zwei Gebieten Kolumbiens für bessere Lebensbedingungen und ein friedliches und gesundes Zusammenleben ein. Der Bedarf ist groß: Insbesondere Frauen und junge Mädchen sind stark von Gewalt und Diskriminierung betroffen, Übergriffe und häusliche Gewalt nehmen zu. Auch in Bezug auf wichtige Infrastruktur wie Gesundheitsversorgung und Bildung werden besonders die Menschen in ländlichen indigenen Regionen benachteiligt, unsichere Arbeitsverhältnisse in der Landwirtschaft oder im Haushalt bieten häufig keine sicheren Zukunftsperspektiven. Auch die Auswirkungen des jahrzehntelangen bewaffneten Konflikts und Fluchtbewegungen aus dem Nachbarland Venezuela haben starke Auswirkungen auf das tägliche Leben und Zusammenleben in den Gemeinschaften. 

Gesundheitsversorgung und Ernährungssicherung

Der erste Schwerpunkt des Projektes besteht darin, Geflüchteten, ihren Aufnahmegemeinden und vom internen Konflikt betroffenen Personen einen besseren Zugang zu Basisgesundheitsversorgung zu ermöglichen und Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheit und Friedensförderung umzusetzen. Dazu werden unter anderem Sensibilisierungsmaßnahmen zur Konfliktbearbeitung und Versöhnung durchgeführt. 

Zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in ländlichen Gebieten von Montes de Maria und Canal de Dique werden fünf Gesundheitsposten durch kleineren Renovierungsmaßnahmen und die Bereitstellung von notwendigem medizinischem Material zu funktionalen Gesundheitsposten für die Bevölkerung der Zielgruppe hergerichtet. Um eine angemessene Gesundheitsversorgung zu gewährleisten, wird zudem das medizinische Personal der Einrichtungen geschult und Gesundheitspromotor:innen ausgebildet, welche in selbstverwalteten Teams die mobile Gesundheitsversorgung des lokalen öffentlichen Gesundheitssystems unterstützen.

In den Projektregionen Montes de Maria und Canal de Dique werden außerdem 100 Hausgärten mit Heilpflanzen angelegt und die Menschen durch begleitendende Workshops im Umgang und Gebrauch von erwiesenen traditionellen Heilmethoden und –pflanzen geschult. In den ländlichen Regionen von Montes de Maria und Canal de Dique wird ein Ernährungsprogramm etabliert: 250 Kinder unter 5 Jahren mit Risiko auf Unterernährung werden für das Ernährungsprogramm ausgewählt, begleitet wird die Behandlung und Beratung von medizinischem Fachpersonal und Ernährungsspezialist:innen.

Taller Abierto wurde 1992 als gemeinnützige Organisation gegründet. Bereits seit mehr als 15 Jahren führen action medeor und Taller Abierto gemeinsam Projekte in Kolumbien durch, insbesondere in den Bereichen Frauenrechte, Prävention von geschlechtsbasierter Gewalt und Betreuung von Menschen mit Fluchterfahrung. Zweiter lokaler Projektpartner ist die Organisation CDP (Corporación Desarrollo y Paz del Canal del Dique y Zona Costera), die 2009 als Zusammenschluss der katholischen Kirche mit Universitäten und Betrieben des privaten Sektors in der Stadt Cartagena gegründet wurde. CDP führt in Kolumbien, insbesondere in der kolumbianischen Karibikregion, Projekte hauptsächlich mit jungen Menschen, Frauen, Vertriebenen, Rückkehrenden, venezolanischen Migrant:innen, Aufnahmegemeinden und vulnerablen Bevölkerungsgruppen durch. 2019 startete das erste gemeinsame Projekt von action medeor und CDP, um venezolanische Flüchtlinge in Cartagena medizinisch zu versorgen und zu beraten.

Der zweite Projektschwerpunkt besteht darin, betroffene von sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt zu beraten und zu unterstützen und die psychische Gesundheit der Menschen im Kontext aus Flucht und Gewalt zu stärken. Dazu werden Beratungen und psychosoziale Unterstützung in Form von Gruppen- oder Einzelsitzungen abgehalten. Je nach Kontext geht es dabei um Fragen des friedlichen Zusammenlebens in der Familie, um Kindererziehung oder Verhalten in und Umgang mit sexuellen Gewalterfahrungen, bis hin zu Suizidprävention.

Um die Lebensbedingungen speziell von Frauen und Jugendlichen zu stärken und wirtschaftliche Eigenständigkeit zu fördern, werden unter anderem Frauen in der finanziellen Unabhängigkeit unterstützt und der Erfahrungsaustausch unter Unternehmer:innen gefördert. Die Aktivitäten sollen dazu beitragen, vor allem Binnenvertriebene, venezolanische Geflüchtete und Rückkehrende zu unterstützen, damit sie ihre finanzielle Eigenständigkeit erlangen können und dadurch die lokale Wirtschaft innerhalb der indigenen Gemeinschaften und Gemeinden zu beleben. In der nördlichen Projektregion werden Maßnahmen zur Stärkung von landwirtschaftlichen Familienunternehmen umgesetzt, unter anderem durch angebotene Schulungen zu nachhaltiger Landwirtschaft und die Verteilung von Saatgut. 

Projektbeschreibung

  • Projektziel: Stärkung von Menschen im Fluchtkontext durch Friedensförderung, Verbesserung der psychischen Gesundheit und politischen Teilhabe
  • Projektfokus: Psychische Gesundheit, Ernährungssicherung, Flucht
  • Zielgruppe: Direkt: 42.146 Personen (venezolanische Migrant:innen, kolumbianische Binnenvertriebene, Aufnahmefamilien und andere vulnerable Menschen), indirekt: 182.934 Personen
  • Projektgebiet: Departments Cauca und Valle del Cauca, Bolívar und Atlántico, Kolumbien
  • Aktivitäten:
    • Ausbildung neuer Gesundheits- und Friedenspromotor:innen im Fluchtkontext
    • Sensibilisierungsmaßnahmen durch Gesundheits- und Friedenspromotor:innen im Fluchtkontext
    • Radiosendungen „Viva la gente“ zur Prävention akuter Fluchtursachen
    • Stärkung der Gesundheitsdienstleistungen im ländlichen Raum im Fluchtkontext
    • Unterstützung von Gesundheitskampagnen der lokalen Regierungen im Fluchtkontext
    • Gesundheitsprogramm Heilpflanzen und traditionelle Heilmethoden zur individuellen Unterstützung von Binnenvertriebenen, Flüchtlingen, Rückkehrenden und Menschen in Aufnahmegemeinden
    • Ausarbeitung eines Aktionsplans gegen GBV mit lokalen Behörden und der Zielgruppe zur Prävention und zum Schutz von Betroffenen
    • Etablierung eines Ernährungsprogramms für mangelernährte Kinder im Fluchtkontext
    • Beratung, psychosoziale Unterstützung und Rechtsbeistand für von sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt Betroffener
    • Gruppentherapiesitzungen zur Aufarbeitung von GBV
    • Beratung und Unterstützung von Gemeinschaftsinitiativen zur Bekämpfung von Fluchtursachen
    • Teilnahme an Treffen zur politischen Beteiligung und Interessenvertretung zu Flucht und Vertreibung
    • Ausbildung von Jugendlichen und Frauen zu Promotor:innen für den sozialen Wandel mit konfliktfreien Zusammenleben
    • Förderung von Frauen in Führungsrollen und Vernetzung von Fraueninitiativen mit Regierungsinstitutionen zur Bekämpfung von Fluchtursachen
    • Beratung und Unterstützung wirtschaftlicher Kleinstunternehmer:innen vor allem von Binnenvertriebenen, venezolanischen Geflüchteten und Rückkehrenden
    • Stärkung von landwirtschaftlichen Familienbetrieben
    • Stärkung der Planungsgremien für Ländliche Entwicklung im Fluchtkontext
    • Gemüsegärten und Fischkultur
    • Kapazitätsaufbau: Workshops und Austauschveranstaltungen im Binnenvertreibungs- und Fluchtkontext
    • Kapazitätsaufbau Austauschtreffen national & international im Binnenvertreibungs- und Fluchtkontext
  • Laufzeit: Oktober 2022 - September 2027
  • Finanzvolumen: 3.332.927 Euro
  • Projektpartner: Corporación Desarrollo y Paz del Canal del Dique y Zona Costera (CDP) und Taller Abierto (TA)
  • Förderung: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Lappe-Stiftung
  • Projektnummer: 6000227
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