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Ernährungssicherung und Stärkung der Widerstandsfähigkeit von Familien in Somalia

© action medeor / WARDI
Durch den jahrelang andauernden Konflikt, politische Instabilität und immer wiederkehrende Extremwetterereignisse herrscht in Somalia weiterhin einer der größten humanitären Krisen der Welt vor. Ein Großteil der somalischen Bevölkerung lebt von der Landwirtschaft. Der Mangel an landwirtschaftlichen Produktionsmitteln, fehlendem Wissen über effektive Anbaumethoden, das Auftreten von Extremwetterereignissen und mangelnde Infrastruktur sind jedoch mitunter Gründe dafür, dass Haushalte in Somalia unter Ernährungsunsicherheit leiden.
Aus diesem Grund haben WARDI und action medeor in der Vergangenheit bereits Projekte zur Verbesserung der Ernährungssicherheit in der Region Hiraan umgesetzt. Aufgrund des anhaltenden Bedarfes in der Region startete im September 2021 ein neues gemeinsames Projekt von action medeor und WARDI, welches mit vielfältigen Maßnahmen zur Verbesserung von Ernährungssituation, Lebensbedingungen und Gesundheit im Projektgebiet beitragen soll.
Durchgeführt wird das Projekt in zehn flussnahmen Gemeinden in den Distrikten Beletweyn und Bulaburte in der Region Hiraan. Die Lebensgrundlage der Bevölkerung in diesen Gemeinden basiert vornehmlich auf Ackerbau und Viehzucht.
Stärkung der Gemeindestrukturen
In der Anfangsphase des Projektes wird pro Gemeinde ein Projektmanagement-Komitee aus Gemeindemitgliedern gebildet, das bei der Auswahl der begünstigten Haushalte sowie bei der Durchführung und Organisation der Projektaktivitäten unterstützt. Diese enge Einbindung der Menschen aus den Projektgemeinden trägt dazu bei, dass das Projekt nächtig einen positiven Einfluss haben kann: unter anderem organisieren die Komitees auch die Instandhaltung von Infrastruktur wie Straßen und Bewässerungsanlegen, die im Rahmen des Projektes gebaut werden.
Ernährungssituation verbessern: Wasserversorgung, Schulungen und Verteilung von Gerät und Saatgut
Der Zugang zu Wasser für die Bewässerung von Ackerflächen stellt viele der Kleinbäuer:innen im Projektgebiet vor große Herausforderungen und ist eine zentrale Ursache für niedrige Erträge, besonders vor dem Hintergrund von immer häufiger auftretenden Dürreperioden. Auch wenn die Ackerflächen der Kleinbäuer:innen oftmals flussnah gelegen sind, fehlen Mittel wie Bewässerungspumpen oder intakte Bewässerungskanäle für eine effektive Bewässerung der Flächen.
Um diese Situation zu verbessern, werden unter anderem bestehende Bewässerungskanälen ausgebessert und wiederhergestellt. Zudem werden Bewässerungspumpen durch das Projekt bereitgestellt – teilweise mit Diesel betrieben, als Neuerung in der Region aber auch Solar-betriebene Pumpen.
Um die landwirtschaftliche Produktion der Zielgruppe nachhaltig zu verbessern, ist eine Kombination aus Verteilungen von Saatgut, Düngemitteln und landwirtschaftlichen Geräten sowie die Durchführung von Schulungen zu verbesserten Anbaumethoden geplant.
Auf neu angelegten Demonstrationsfeldern erlernen Kleinbäuer:innen verbesserte Anbaumethoden und können im Austausch miteinander und mit den über das Projekt angestellten vier landwirtschaftlichen Berater:innen verschiedene Pflanzensorten und Methoden erproben. Zusätzlich erhalten 1.000 kleinbäuerliche Haushalte Saatgut, Düngemittel sowie Werkzeuge. Verschiedene Trainingseinheiten vermitteln unter anderem die eigenständige Herstellung von organischem Düngemittel, um die Bodenqualität und Ernteerträge nachhaltig zu verbessern.
Eine weitere Projektmaßnahme zielt auf eine bessere Ernährungsvielfalt und Gesundheit ab: 1.000 Frauen werden mit Gemüsesaatgut und Obstbaumsetzlingen ausgestattet und beim Anlegen und der Pflege von Gemüsegärten unterstützt.
Eine zusätzliche Herausforderung für die Kleinbäuer:innen im Projektgebiet stellt die zunehmende Gefahr von Überschwemmungen dar, insbesondere in den flussnahen Gebieten. Um dieses Risiko zukünftig zu reduzieren und den Verlust von Ernten und Lebensgrundlagen zu reduzieren, sollen circa 10km des Fluss-Damms repariert und verstärkt werden. Zusätzlich werden zwei Regenmesser angeschafft, um die Niederschläge in der Region überwachen und schneller auf Auffälligkeiten reagieren zu können.
Lebensgrundlagen sichern durch ein erhöhtes Haushaltseinkommen
Um die Ernährungssicherheit und das Haushaltseinkommen der Zielgruppe zu verbessern, sind Verteilungen von Hühnern, Ziegen und Eseln (plus Karren) geplant. Da in Somalia Frauen traditionell für die Versorgung von Nutztieren verantwortlich sind und Nutztiere eine hervorragende Möglichkeit der Einkommensgenerierung darstellen, richtet sich die Aktivitäten explizit an Frauen in den Zielgemeinden. So trägt etwa der Verkauf von Küken und Eiern zu einer Erhöhung des Haushaltseinkommens bei. Die Milch von Ziegen kann für den eigenen Konsum genutzt oder verkauft werden.
Viele Frauen in den Zielgemeinden sind bereits erfahren mit der Haltung von Tieren, jedoch kam es in den vergangenen Jahren zu starken Dezimierungen der Bestände aufgrund von Dürren oder Krankheiten. Um Fehler bei der Haltung von Nutztieren zu vermeiden, erhalten die Frauen im Anschluss an die Verteilungen ein zweitägiges Training zur korrekten Haltung der Tiere und werden nach dem Training von WARDI weiter beraten. Zudem ist im Rahmen dieses Projektes erstmalig geplant, auch eine regelmäßige Beratung durch Tierärzt:innen zu ermöglichen.
Eine weitere Möglichkeit zur Steigerung des Haushaltseinkommens wird durch die Anschaffung von Mahlmaschinen und Ölpressmaschinen erzielt: diese Maschinen werden es den Kleinbäuer:innen zukünftig ermöglichen, ihre Produkte selbst weiterzuverarbeiten und somit höhere Preise erzielen zu können.
Verbesserte Ernährungs- und Hygienesituation
In neu gebildeten und über das Projekt betreute Müttergruppen werden Frauen in wöchentlichen Sitzungen Themen wie Säuglings- und Kleinkindernährung und die Vorbeugung, Erkennung und Behandlung von akuter Mangelernährung bei Kindern thematisiert. Zusätzlich werden in diesen Gruppentreffen auch verschiedene altersgerechte Rezepte aus lokalen Lebensmitteln zubereitet und besonders auch der hygienisch sichere Umgang mit Lebensmitteln besprochen.
Da traditionellerweise Väter in Somalia nicht für die Versorgung und Pflege von Kindern verantwortlich sind, sollen sie im Rahmen des Projekts daher erstmals für die Bedeutung von Ernährung für die Kindesgesundheit und -entwicklung sensibilisiert werden. Hierzu sollen über einen Zeitraum von vier Jahren jeweils eine Aufklärungsveranstaltung pro Jahr und Gemeinde für Väter bzw. Männer stattfinden.
Für eine weitere Verbesserung der Gesundheits- und Hygienesituation werden außerdem Schulungen zu Wasseraufbereitung und Hygiene durchgeführt sowie Brunnen in den Projektgemeinden gebaut oder wiederinstandgesetzt. Somit haben Gemeindemitglieder einen verbesserten und dauerhaften Zugang zu sauberem Wasser und das Risiko für die Übertragung von wasser- und hygienebasierten Krankheiten kann vermindert werden.
Als Reaktion auf die Corona-Pandemie werden die Maßnahmen im Bereich Gesundheit und Hygiene um weitere Aktivitäten ergänzt: diese beinhaltenen Informationskampagnen, den Aufbau von Handwasch-Stationen sowie die Verteilungen von Schutzmasken und Hygienekits an Haushalte.
Projektinformationen
- Projektinhalt
- Verbesserung der Ernährungssicherung und Stärkung der Resilienz von kleinbäuerlichen Familien in der Region Hiraan, Somalia
- Projektgebiet
- Somalia, Provinz Hiraan, Distrikte Beledweyne und Bulaburte
- Projektbeschreibung
- • Verbesserung der Gemeindestruktur und Partizipation durch die Gründung und Schulung verschiedener Dorfkomitees
• Gesteigerte Nahrungsmittelproduktion durch Trainings und landwirtschaftliche Inputs (Saatgut, Geräte), Gemüsegärten für Frauen, Verbesserung der (Bewässerungs-) Infrastruktur und Lebensmittellagerung
• Gesteigertes Einkommen und Marktzugang durch die Verteilung von Nutztieren (Esel, Ziegen, Hühner) sowie Mahl- und Ölpressmaschinen, Schulungen und Rehabilitierung von Straßen
• Verbesserung der Ernährungs- und Gesundheitspraktiken v.a. für Kinder durch die Gründung und Schulung von Müttergruppen, Kochkurse und Sensibilisierung von Vätern
• Verbesserung der Hygienepraktiken durch COVID-19-Präventionsmaßnahmen, Schulungen zu Hygiene und Wasseraufbereitung, Brunnenbau und CLTS-Aktivitäten (community-led total sanitation-Ansatz) - Projektlaufzeit
- September 2021 - Juni 2026
- Projektvolumen
- 1.741.183 Euro
- Partner
- Wardi Relief and Development Initiatives (WARDI)
- Projektförderer
- Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
- Projektnummer
- 6000220
- Verantwortlich für
das Projekt - Alessandra Behler