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Förderung von Integration und Gesundheitsversorgung für venezolanische Geflüchtete in Kolumbien

Durch eine sich zuspitzende humanitäre Krise, verheerende wirtschaftliche Situation und politische Instabilität in Venezuela suchen immer mehr venezolanische Familien Zuflucht im benachbarten Aufnahmeland Kolumbien. Mehr als fünf Millionen Menschen sind bereits aus Venezuela geflohen, alleine das Nachbarland Kolumbien hat nach Angaben des UNHCR über 1,8 Millionen Geflüchtete aus Venezuela aufgenommen.

Aber auch in Kolumbien ist die Situation der Menschen aus Venezuela oft schwierig: meist ist ihr rechtlicher Status in Kolumbien unklar und sie haben dadurch nur eingeschränkt Zugang zum Gesundheits- und Bildungssystem und zum Arbeitsmarkt. Zudem befinden sich die kolumbianischen Aufnahmefamilien durch den immer noch schwelenden bewaffneten Konflikt im Land selbst in einer schwierigen Situation: Jahrzehntelange Konflikte und die organisierte Kriminalität führten in Kolumbien selbst zu der weltweit höchsten Anzahl an Binnenvertriebenen mit 7,8 Millionen Menschen. Die daraus resultierende Arbeitslosigkeit, Gewalt und strukturelle Armut vor allem in ländlichen Regionen Kolumbiens werden durch den Zuzug von venezolanischen Flüchtlingen, insbesondere in der Grenzregion und im Norden des Landes, verschärft. Misstrauen bis hin zu Fremdenfeindlichkeit sind die Folge.

Es ist nicht absehbar, wann die Krise in Venezuela beendet sein wird. Die weltweite Corona-Krise verschlimmert die Situation für die Geflüchteten und die Menschen in den Aufnahmegemeinden weiter. Die venezolanischen Familien, die in Cartagena ankommen, werden dort mittel- bis langfristig bleiben.

Das gemeinsame Projekt von action medeor und der lokalen Partnerorganisation CDP (Corporación Desarrollo y Paz del Canal del Dique y Zona Costera) leistet einen Beitrag, um die wirtschaftlichen und sozialen Lebensgrundlagen der venezolanischen Geflüchteten und benachteiligten kolumbianischen Familien in acht Bezirken Cartagenas zu verbessern, ein friedliches Miteinander zu fördern und die Gesundheitsversorgung der Venezolaner*innen und Familien der kolumbianischen Aufnahmegemeinden zu stärken.

Zugang zu Gesundheitsversorgung für venezolanische Flüchtlingsfamilien

Um die Gesundheitsversorgung für benachteiligte Bevölkerungsgruppen zu verbessern, werden über das Projekt mobile Sprechstunden in den Außenbezirken von Cartagena sowie kostenlose Sprechstunden und Beratung in Kooperation mit der medizinischen Fakultät der privaten Universität Sinú angeboten. Diese Angebote richten sich hauptsächlich an venezolanische Geflüchtete, aber auch an vulnerable Kolumbianer*innen, die keinen Zugang zu Gesundheitsdientsleistungen haben. Im Rahmen des Projektes werden die Geflüchteten zudem darüber beraten, wie sie sich offiziell registrieren können, um damit die staatlichen kolumbianischen Gesundheitsdienstleistungen in Anspruch nehmen zu können.

In Sprechstunden am Gemeindezentrum Stella Marys steht an zwei Tagen in der Woche eine Psychologin, ein Kinderarzt, ein Allgemeinmediziner sowie eine Krankenschwester für Beratung und Behandlungen zur Verfügung. Für Menschen mit chronischen Erkrankungen (v.a. Bluthochdruck und Diabetes) wird es Erst-Untersuchungen und jährliche Kontrolluntersuchungen geben.

Zudem werden am Gemeindezentrum eine Gesundheitsberatung bei konkreten Fragestellungen sowie weitere Beratungsangebote zu präventivem Verhalten und gesundem Leben angeboten. Eine entscheidende Maßnahme ist auch die Rechtsberatung, wie z.B. der legale Zustand geklärt und darüber ein legaler formeller Zugang zum kolumbianischen Gesundheitssystem erreicht werden kann.

Ernährungsprogramm für Kinder und Erwachsene

Unter den aus Venezuela geflüchteten Kleinkindern ist akute Unterernährung verbreitet, 70% der bisher am Gemeindezentrum Stella Marys betreuten Kinder sind chronisch oder akut unterernährt. Aus diesem Grund beinhaltet das Projekt ein Ernährungsprogramm für unter- und mangelernährte Kinder. 160 Kinder im Alter von bis zu vier Jahren werden untersucht und bei Bedarf mit therapeutischer Nahrung, Spezialmilch oder eiweißreichen Keksen versorgt. Auch kolumbianische Kinder haben Zugang zu diesem Ernährungsprogramm, wenn sie nicht über das staatliche Ernährungsprogramm betreut werden.

Integration und friedliches Zusammenleben fördern

Die venezolanischen Familien, die in der Stadt ohne regulären Aufenthaltstitel ankommen, wohnen entweder bei kolumbianischen Familien oder in angemieteten Zimmern in armen Wohnvierteln. Die Menschen werden nicht in absehbarer Zeit nach Venezuela zurückkehren wollen oder können, sondern langfristig in Kolumbien bleiben. Trotz der gemeinsamen Sprache nimmt die Fremdenfeindlichkeit zu.

Für mehr gegenseitiges Verständnis der Situation und zur Förderung eines friedlichen Zusammenlebens sollen in jedem der acht Stadtviertel in Cartagena Integrationsveranstaltungen durchgeführt werden. Zudem werden Gruppen bestehend aus Gastfamilien und Geflüchteten in Tages-Workshops sogenannte „proyectos de vida“ entwickeln – dies sind gemeinsame Reflektionen und Überlegungen, wie sie sich mittel- und langfristig und ihr Zusammenleben vorstellen und auch konkrete Aktivitäten wie z.B. ein Hochbeet für gemeinsamen Gemüseanbau durchführen.

Weil sie nicht zur Schule gehen und keinen Freizeitaktivitäten nachgehen können, sind junge Geflüchtete besonders gefährdet, negativen Einflüssen ausgesetzt zu sein. Deswegen sollen gemeinsame kulturelle und sportliche Aktivitäten für gefährdete Bevölkerungsgruppen aus Kolumbien und Venezuela gefördert werden, unter anderem gemeinsames Fußballtraining. Durch die Aktivitäten mit anderen Kindern und Jugendlichen können sie sich besser in die neue Umgebung einleben und Beziehungen zu anderen Kindern und Jugendlichen aufbauen. Angestrebt ist die Beteiligung von jeweils 50% an Jungen und Mädchen.

Wirtschaftliche Situation verbessern

78 % der venezolanischen Bevölkerung in Kolumbien arbeitet nicht, weil die Familien über keine formelle Arbeitserlaubnis verfügen. Durch das Projekt sollen die Venezolaner*innen in ihren produktiven Tätigkeiten gefördert werden, um so ein eigenes Einkommen zu generieren. Auch Kolumbianer*innen aus dem Projektgebiet können Beratung und Unterstützung in Anspruch nehmen, um über den Zugang zu Sozialleistungen informiert zu werden oder Unterstützung bei der Suche nach Arbeit zu erhalten.

Durch Schulungen in den Bereichen Unternehmertum und Marketing sowie Bewerbungstraining wird zusätzlich die wirtschaftliche Situation der Familien im Projektgebiet verbessert.

 

Projektinformationen

Projektinhalt
Verbesserung der Integration venezolanischer Geflüchteter in Kolumbien auf sozialer, ökonomischer und gesundheitlicher Ebene
Zielgruppe
20.000 venezolanische Geflüchtete und bedürftige Bewohner*innen aus der Aufnahmegemeinschaft Kolumbiens, die gemeinsam in acht Vierteln in den Randbezirken Cartagenas leben, direkt werden etwa 5.000 Menschen an den Maßnahmen beteiligt
Projektgebiet
Cartagena, Departamento Bolívar, Kolumbien
Projektlaufzeit
September 2020 - Dezember 2022
Projektvolumen
293.332 Euro
Partner
Corporación Desarrollo y Paz del Canal del Dique y Zona Costera
Projektförderer
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
Projektnummer
6000211
Verantwortlich für
das Projekt
Christina Padilla