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Podcast: Ausbildung für Mädchen in Togo

action medeor Mitarbeiterin Eva Hall im Frisörsalon von Georgette, die im Projekt ihre Ausbildung absolviert hat.

action medeor Mitarbeiterin Eva Hall im Frisörsalon von Georgette, die im Projekt ihre Ausbildung absolviert hat. © action medeor

action medeor Mitarbeiter berichten über die Niederlassungen in Tansania und ein Projekt zur Unterstützung von Mädchen in Togo.

In der Januar-Ausgabe des action medeor Podcasts berichtet Vorstand und Pharmazeut Christoph Bonsmann über die Arbeit von action medeor in Tansania: 2004 eröffnete action medeor hier die erste Niederlassung mit eigenem Medikamentenlager, dieses Jahr wird der inzwischen dritte Standort folgen. Aus den lokalen Medikamentenlagern können Gesundheitseinrichtungen im Land mit hochwertigen Arzneitmitteln und medizinischem Material versorgt werden.

Außerdem berichtet Projektreferentin Eva Hall aus einem Projekt in Togo. Hier werden junge Mädchen unterstützt, über Gesundheitsthemen und ihre Rechte informiert und erhalten die Möglichkeit einer Berufsausbildung.

Der Podcast zum Nachlesen

Willkommen zum Podcast von action medeor! Unser Schwerpunktthema heute: Der schwarze Kontinent Afrika. action medeor engagiert sich vielfältig in Afrika und das nicht nur in der Not und Katastrophenhilfe. Heute berichten wir über das Engagement in Tansania und Togo. Kaspar Müller-Bringmann unterhielt sich mit Vorstandsmitglied und Apotheker Christoph Bonsmann über die dritte Niederlassung in Tansania und mit Eva Hall über Straßenkinder und junge Frauen in Togo.

Müller-Bringmann: Tansania, wenn ich an Tansania denke, dann denke ich an Urlaub, an wunderbare Landschaften, an Naturerlebnisse, an Serengeti, an den größten Berg Afrikas Kilimandscharo… Herr Christoph Bonsmann, Sie sind Apotheker, Vorstand bei action medeor- was denken Sie, wenn Sie an Tansania denken?

© action medeor Christoph BonsmannBonsmann: Da denke ich auch dran, aber vor allen Dingen denke ich daran, dass es ein sehr großes und immer noch sehr armes Land ist – und viele machen sich keinen Begriff davon, wie groß Tansania ist. Ich war schon oft da und fühle mich dem Land tief verbunden und habe dort im Jahr 2011/2012 auch knapp anderthalb Jahre mit meiner Familie gelebt und ein großes pharmazeutisches Projekt betreut. Ich kenne das Land seit 15 Jahren.

Das Engagement von action medeor in Tansania hat begonnen, ich glaube 2004 mit der Einrichtung eines medizinischen oder Medikamentenversorgungs-Stützpunkt. Wie war das damals?

Sie müssen sich vorstellen: Tansania hat eine sozialistische Geschichte und auch einen Staats-Gesundheitsdienst – einen staatlichen Gesundheitsdienst aufgebaut mit einer staatlichen Medikamentenverteilung. Die klappte damals äußerst schlecht, mittlerweile etwas besser, sagen wir es mal vorsichtig. Das heißt, es war Raum und vielleicht sogar die Notwendigkeit für einen Anbieter, der diese Lücke schließt – nicht gegen den Staat, sondern um die staatlichen Defizite auszugleichen. Wir haben diesen Mangel in der Medikamentenversorgung gesehen und gesagt: Das was wir können müsste ja eigentlich auch lokal abgebildet werden können. Für uns war das ein sehr mutiger Schritt, wir sitzen hier in Vorst, machen das sehr kompetent mit Bezugsquellen in aller Welt. Das noch einmal in klein abzubilden in Tansania war eine große Aufgabe, aber auch Herausforderung und wir sahen einfach die Notwendigkeit für die Rolle action medeors in Tansania.

Es gibt mittlerweile zwei Stützpunkte – der dritte Stützpunkt ist jetzt in Planung oder kurz vor Inbetriebnahme.

Ja, Sie müssen sich vorstellen: Unsere Hauptniederlassung ist in Daressalam, der Hauptstadt von Tansania und wir versorgen landesweit meist kirchliche Gesundheitsstationen mit kostengünstigen, qualitätsgesicherten Medikamenten. Im Süden des Landes und im Westen des Landes gibt es aber große Defizite. Wie überall auf der Welt wird auch Tansania verstädtert, das heißt, die Menschen ziehen in die Städte, aber immer noch wohnen fast 50 Prozent der Menschen auf dem Land und die werden abgehängt. Sie sollen aber die gleiche Versorgung haben, die gleiche Schulbildung, gleiche Gesundheitsversorgung und auch die gleiche Medikamentenversorgung zu den gleichen Preisen. Deshalb haben wir im Süden des Landes eine Zweigstelle aufgebaut in dem kleinen Ort Masasi und jetzt sind wir kurz davor, in einem Ort mit „M“ - wahrscheinlich fangen wir immer in Orten mit „M“ an – in Makambako, das liegt etwa 650 Kilometer südwestlich von Daressalam auf dem Weg nach Malawi, Sambia eine zweite kleine Verteilerstelle aufzubauen.

Wie funktioniert das, können Sie das mal an einem praktischen Beispiel erklären?

Ja, also räumlich sind wir direkt gegenüber von der Bahnstation – ich meine die Deutschen hätten sogar diese Bahnlinien aufgebaut – direkt gegenüber der Bahnstation wurde ein Lager unter dem Mantel der evangelischen Kirche aufgebaut, das sind nicht mehr als 100 Quadratmeter und vielleicht noch mal 50 Quadratmeter Büroraum. Dort arbeiten vier Mitarbeiter von uns, eine langjährige Mitarbeiterin aus Daressalam, die die Leiterin dieser Zweigstelle ist, und drei neu eingestellte Mitarbeiter. Sie haben das gleiche Computersystem, sie bilden im Kleinen das gleiche Lager ab und können innerhalb eines Tages das nachbeschaffen, was dieses kleine Lager nicht vorrätig hat. Für die Menschen dort spart das ja mindestens einen Tag Wege-Zeit, meist sogar mehr, weil die Besteller fahren sonst die Gesundheitsstation nach Daressalam, kaufen dort ein; also Tagesreise nach Daressalam, Unterbringung vor Ort, dann müssen sie bestellen, fahren wieder zurück. Das heißt drei Tage, vier Tage, eine Woche – diese Zeit und auch die Kosten ersparen wir den Menschen bei der Versorgung mit Arzneimitteln.

Herr Bonsmann, wann fahren sie wieder nach Tansania?

Das ist nächste Woche Montag, also noch vier Tage und ich bin wieder auf der Reise nach Tansania und direkt anschließend nach Malawi, denn Makambako liegt auch auf der Hälfte des Weges nach Malawi, wo wir in Lilongwe auch eine Niederlassung gegründet haben.

Was werden Sie dort machen, was werden Sie dort erleben, was müssen Sie dort erledigen?

Wir haben die große Herausforderung, unsere Systeme miteinander abzustimmen. Sie müssen sich ja vorstellen wir haben jetzt die Zentrale in Darassalem, Makambako, Masasi ist dazugekommen, die Mitarbeiter wachsen stark, auch das Volumen ist stark angewachsen und das alles muss sozusagen systemisch nachgearbeitet werden. Das ist die größte Herausforderung, die wir im Moment sehen, die Menschen mitnehmen, sind ja alles Tansanier, die bei uns arbeiten, aber auch die Organisationsstruktur als solches mitzunehmen.

Müller-Bringmann: So, wir verlassen Ostafrika und gehen nach Westafrika, genauer gesagt nach Lomé im Staate Togo. Togo ist ein sehr unruhiges Land, es war bis 1914 war es deutsche Kolonie, dann später kamen die Franzosen. Die Situation nach dem zweiten Weltkrieg war, dass dort eine Diktatur herrschte. Zuletzt gab es im Herbst Aufstände, Unruhen. Die Projektverantwortliche Eva Hall ist letztes Jahr dort gewesen, wie ist die Situation jetzt?

Eva Hall: Also laut den Partnern, mit denen wir zusammenarbeiten, haben sich die Unruhen wieder ein bisschen beruhigt. Also Hochphase war so September, Oktober, November; durch eine starke Repression des Militärs ist es aber wieder ruhiger geworden, da die Menschen einfach auch sehr viel Angst haben, auf die Straße zu gehen.

Sie betreuen dort ein Projekt, das heißt in der Abkürzung „PSAS“. Was versteckt sich dahinter?

Die Abkürzung ist der Name unseres Projektpartners, die Organisation nennt sich „Petite Sœur à Sœur“ und das heißt frei übersetzt „von kleiner Schwester zu kleiner Schwester“.

Es geht dort um junge Mädchen, die Armut in dem Land ist riesengroß – insbesondere unter den Jugendlichen.

Zum einen ist das Land sehr jung, also wir haben ein Durchschnittsalter von circa 19 Jahren und die Hälfte der Bevölkerung lebt in Armut, sodass die Familien natürlich auch sehr groß sind, viele Kinder haben, aber oftmals nicht die finanziellen Möglichkeiten, sich um alle Kinder zu kümmern. Gerade Mädchen sind die, die dann meistens weggeschickt werden, um in Familien den Haushalt zu machen oder die Kinder zu betreuen und werden oftmals dann nicht mehr unterstützt durch die Familie – oder die Familie kann sie nicht mehr unterstützen.

Es gibt die Zahl von 300.000 Jugendlichen, die im Ausland arbeiten müssen, ihr Geld verdienen müssen, das ist eine erschreckende Zahl.

Generell ist das in Westafrika sehr häufig so, dass man die Kinder wegschickt um irgendwo zu arbeiten. Das große Problem dabei ist, dass es einfach mit sehr vielen Risiken verbunden ist und die Kinder oftmals am Ende ausgebeutet werden. Die Familie glaubt, sie ist irgendwo gut angekommen und die Schule wird finanziert und sie müssen ein bisschen arbeiten, aber unser Projektpartner hat sehr viele Fälle, wo es einfach nicht so ist und die Kinder als Sklaven gehalten werden, sexuell ausgebeutet werden und einfach ein ganz schreckliches Leben haben.

Wie kann man denn hier jetzt helfen oder wie helfen Sie bzw. „Petite Sœur à Sœur“?

Also unser Projektpartner unterstützt gefährdete Mädchen, also das heißt Mädchen, die niemanden haben, der sie unterstützen kann oder wie gesagt von den Familien weggeschickt wurden oder selbst gegangen sind. Wir unterstützen sie bei einer Ausbildung, sie können in drei Jahren eine Ausbildung im Schneider- und Friseurhandwerk absolvieren und werden durch den Projektpartner finanziell unterstützt und auch betreut in allen Lebenslagen: was sie so beschäftigt, wo sie Probleme haben, mit Freunden, mit Sexualität, mit der Familie, wenn noch jemand da ist.

Es gibt auch Streetworker, dort in Lomé oder in Togo. Wie arbeiten die?

Wir haben ein Netzwerk von insgesamt 30 Streetworkern, die mit der Organisation zusammenarbeiten und die betreuen ca. 10.000 Jugendliche in Lomé, Hahotoé und Kara und fahren zu den Ausbildungsstätten und auch zu Prostituiertenplätzen und reden mit den Jugendlichen, klären sie auf über Hygiene, Sexualität, wie man sich schützt, wie man mit dem Partner zusammenlebt, wie man Konflikte löst – in allen Lebenslagen sind sie erster Ansprechpartner. Darüber hinaus haben wir einen kleinen medizinischen Dienst bei der Organisation, wo die Streetworker die Jugendlichen auch dorthin verweisen können, weil sie oftmals in öffentlichen Gesundheitsstationen oder in Krankenhäusern gar nicht behandelt werden oder sehr diskriminiert werden, weil man einfach nicht über Sexualität dort reden kann.

Das Projekt kostet ja eine Menge Geld. Wer finanziert das?

Das Projekt ist derzeit kofinanziert durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung für vier Jahre, also die leisten großen Beitrag dazu und action medeor gibt auch noch einen kleineren Beitrag dazu bei dem Projekt.

Diese Mädchen, die dort ausgebildet werden, was passiert nach der Ausbildung eigentlich?

Nach der Ausbildung ist es so, dass viele Mädchen noch ein Jahr in ihrem Ausbildungsbetrieb bleiben und dort praktisch so ein Dankesjahr absolvieren für die Ausbildung, die sie dort gemacht haben. Sie werden dort einfach noch weiterarbeiten und wir statten die Mädchen dann aus mit Equipment, um sich danach selbstständig zu machen, also die Näherinnen bekommen zum Beispiel eine Nähmaschine, die Friseurin bekommt einen Spiegel und ein bisschen Handwerkszeug für die Haare und ja wenn es ganz gut läuft, schaffen sie es auch relativ schnell, ihren eigenen Laden aufzumachen und genügend Kundschaft zu haben, um davon zu leben.

Die Kurznachrichten

action medeor leistet bereit seit 2015 Nothilfe im Osten Kongos. Die Region ist mit den vielen Flüchtlingen aus dem benachbarten Burundi überfordert. Das Hilfswerk liefert Medikamente und schult das örtliche Gesundheitspersonal. Um die Sanitär- und Hygieneversorgung im Flüchtlingscamp zu verbessern, werden Wasserleitungen erneuert. Mehr als 10.000 Hygienekits wurden inzwischen an die burundischen Flüchtlinge verteilt.

Rund 30.000 Euro hat die Unternehmerinitiative Niederrhein im vergangenen Jahr an action medeor gespendet. Die Initiative organisiert verschiedene Veranstaltungen: Von Unternehmensführung über Teambuilding-Events bis hin zu unterhaltsamen Abenden. Der Umfang des Engagements ist individuell wählbar. Derzeit gibt es 18 feste Mitglieder. Interessierte Unternehmen sind herzlich eingeladen, die Initiative kennenzulernen.

Wenn auch Sie helfen wollen: ganz einfach! Schauen Sie einfach auf unserer Homepage medeor.de vorbei. Dort finden Sie alle Informationen, auch wie Sie spenden und damit helfen können. Das war unser Podcast. Vielen Dank für Ihr Interesse!

 

Keine Folge verpassen

Mehr über die Arbeit der Mitarbeiter im Partner Development und die Nothilfe, die action medeor aktuell im Südsudan leistet, erfahren Sie in der November-Ausgabe unseres Podcasts. In der Dezember-Ausgabe berichten Mitarbeiter von action medeor über die Nothilfe für die Menschen im Jemen sowie über die Eröffnung einer Hebammenschule in Sierra Leone.



Einsatz für Menschen in Not lohnt sich

„Ich erinnere mich gut an eine Schwester, die zu uns kam, um eine Medikamentenspende abzuholen. Bevor sie ging, kniete sie vor uns nieder und bedankte sich mit einem Gebet bei uns. Solche Momente zeigen, dass es sich lohnt, sich für Menschen einzusetzen.”

Rajab Lawe, Apotheker bei action medeor Malawi